Einige Bemerkungen zur visuellen Beobachtung vorübergehender Phänomene
Für „meine“ zweite Mars-Opposition hatte ich mir vorgenommen, neben der neuerlichen Erfassung von Oberflächen-Strukturen diesmal besonders auf das Auftreten von vorübergehenden, atmosphärisch oder jahreszeitlich bedingten Phänomenen zu achten. Um das Ergebnis vorwegzunehmen: Ich habe einiges beobachten können, wenn auch durchaus nicht in dem Ausmaß, wie ich mir das in meiner relativen Unerfahrenheit erhofft und vorgestellt hatte...
Im Gegensatz zur Opposition des Jahres 2003 habe ich den Planeten fast ausschließlich mit dem 8“ SC beobachtet – der Refraktor kam wegen der seinerzeit noch unbefriedigenden Montierung kaum zum Einsatz. Die Beobachtungen erfolgten meistenteils monokular mit einem für die Planetenbeobachtung hervorragend geeigneten 9mm-Ortho von Meade – entsprechend 225-facher Vergrößerung. Eine Neuerung gegenüber der ersten Kampagne war die Verwendung eines Filterrades, sodaß ich diesmal die Möglichkeit schnellen Wechsels hatte. In der zeichnerischen Praxis habe ich dann allerdings fast ausschließlich das Orange-Filter verwendet.
Die Beobachtungen habe ich begonnen am 23. Juni – da maß das Planetenscheibchen 9“; die letzte Beobachtung hatte ich am 23. Dezember bei immerhin noch 13,2“ Durchmesser. Insgesamt konnte ich trotz nicht immer günstiger Wetterverhältnisse 39 Zeichnungen anfertigen. An der Zeichentechnik habe ich seit der 2003-Opposition nichts geändert; auch habe ich die Gepflogenheit beibehalten, vor der Beobachtung keine Marskarte einzusehen oder mir den ZM vorauszuberechnen. So bin ich doch einigermaßen sicher, meine Wahrnehmungen und Eindrücke unbeeinflußt festzuhalten.
Zu meinen Beobachtungen im einzelnen:
1. Staubstürme:
Die traten entgegen anders lautenden Befürchtungen oder Erwartungen erst
im Oktober auf, also kurz vor der Opposition.
Während ich am 17. Oktober unter recht guten Bedingungen bei ZM 42°
noch nichts bemerkte – ich notierte:
“ in den frühen Morgenstunden gelingt mir die bislang detailreichste Beobachtung
bei 19,6" Durchmesser: ZM 42° zeigt mare erythraeum zentral, dessen N-rand
fein in einzelne Fransen auslaufend. Solis lacus und Agathodaemon gut ausgebildet,
Nilokeras, Niliacus lacus und Oxia Palus im 3. Quadranten. SPC klein, viel Dunst
über N“
änderte sich das dann zwei Tage später:
Am 19. Oktober konnte ich bei einer Beobachtung mit ZM 25° und einem
Planeten-Durchmesser von 19,8“ westlich aurorae sinus einen hellen Fleck bemerken,
der dort nicht hingehörte: In den Aufzeichnungen habe ich notiert:
“Die Freude am Beobachten hält an! In den frühen Morgenstunden beobachte
ich den jetzt 19,8" großen Planeten mit ZM 25°. Mir fällt eine auf meinen
Karten nicht nachvollziehbare runde Aufhellung w aurorae sinus - fast zentral
auf der Grenze 1./2. Quadrant - auf. Es handelt sich um einen der dieser
Tage auf dem Mars vagabundierenden Staubstürme.“
i.
Weitere Beobachtungen zum Komplex Staubstürme waren mir nicht möglich; das Wetter
ließ erst wieder am 26. Oktober Beobachtungen zu – und dann war die Region außer
Sicht...
2. Dunst
und Nebel:
Dunst und Nebel habe ich sowohl über der Nordkalotte als auch am besonnten
Rand des Planeten ab Mitte August bemerkt; und zwar zunächst über der NPC am
18. August:
Dazu vermerkt das Beobachtungsbuch:
“mare cimmerium in 4. Hesperia zentral. Tritonis sinus in 2.
Kleine Dunsthaube über N.“
Eine ausgedehnte Dunsthaube über N, die sich als hell-bläulichweißer Schleier
zeigte, habe ich dann am 26. September gesehen:
Das Beobachtungsbuch:
“Fast der nämliche Aspekt wie am 24.9. - ZM 220°. Die SPC ist blickweise wieder
da - fragmentiert. Xantus/Hesperia in 1 jetzt eindeutig. Eine große Dunsthaube
über N“
Ab Mitte Oktober bildete sich dann neben dem Dunst über der Nordkalotte
ein zunehmend häufiger zu beobachtender heller Rand an der Ostseite des Planeten
aus – erstmalig am 14. Oktober so beobachtet:
Aus dem Beobachtungsbuch:
“Agathodaemon zentral. Heller Rand rund um O. Noctis lacus blickweise.
Juventae fons in 4/3. Solis lacus in 2.”
Dieser helle Rand des Planeten konnte bis in den November hinein
gesehen werden – regelmäßig zusammen mit einer ausgedehnten Dunsthaube über
den nördlichen Regionen und teilweise auch recht weit ins Zentrum hineinreichend:
Eine der wenigen am 5“-Refraktor gewonnenen Zeichnungen zeigt gegen Ende der
Opposition – am 20.Dezember - einen ausgedehnten hellen Fleck am besonnten
Rand des Planeten.
3. Saisonale Änderungen
der Südlichen Polar-Region:
Nachdem Matthias Juchert und ich bei der Opposition 2003 mit bescheidenem
Instrumentarium – Matthias nur mit einem 2,5“-ZEISS-Refraktor – für kaum möglich
gehaltene Details in der SPC-Region beobachten konnten, war ich natürlich schon
gespannt, was diesmal möglich sein könnte. Aber während wir in 2003 eine strukturierte
SPC wahrnehmen und sogar Formationen wie novus mons identifizieren konnten,
müssen die Ergebnisse der Beobachtungen in der zurückliegenden Opposition entschieden
zurückhaltender beurteilt werden. Dies dürfte seine Ursache nicht zuletzt darin
haben, daß durchgängige Nacht-für-Nacht-Beobachtungen, wie sie 2003 bei wochenlanger
Schönwetterlage möglich waren, nicht durchgeführt werden konnten.
Immerhin ließ sich der Rückzug der SPC gut verfolgen -
Vom „Großen weißen Fleck“ am 24. Juni
bis hin zu deren völligem Verschwinden am 31. Oktober:
Das Beobachtungsbuch:
“mare sirenum prominent. Mare chronium in 4 und 1. Eridania in 1. Tharsis
in 3 – ohne Hinweise auf nix olympica. Phoenicis lacus in 4. Nicht sehr ausgeprägte
Haube über N. Keine SPC“
Dazwischen waren Stadien der Auflösung und Fragmentierung zu sehen, etwa am
26. Oktober:
Dazu
habe ich vermerkt:
“ Bei brauchbarem seeing eine Zeichnung des Planeten, der jetzt die 20"-Marke
überschritten hat, mit ZM 194° gemacht. Auch die "langweilige Seite"
hat ihre Spezialitäten. Bemerkenswert der unregelmäßige Kragen = mare Chronium
um die sehr kleine SPC; ansonsten Mare Cimmerium prominent. Große Aufhellungen
über N und O.“
oder am 26. September, wozu ich vermerkt habe:
“Dunsthaube über N. SPC fragmentiert blickweise. Alcyonus nodus in 3.
Xantus/Hesperia in 1“
Alles in allem hat mich auch die Mars-Opposition 2005 in meiner Auffassung
bestärkt, daß visuelle Beobachtung der Planeten und das altmodische Zeichnen
des Gesehenen nach wie vor brauchbare Ergebnisse bringen. Voraussetzung ist
allerdings, daß häufig und unter gleich bleibenden Bedingungen beobachtet wird.